Fachtagung in Essen zu Risiken und Gegenstrategien: Rechtsextremismus nutzt Jugendkultur für Eigenwerbung
Jugendliche und junge Erwachsene geraten verstärkt ins Visier rechtsextremistischer Strategien. Rechtsextremistische Akteure greifen Trends und Ausdrucksformen der Jugendkultur auf – etwa in Social Media, Kampfsport, Rap, Gaming oder im Bereich Künstliche Intelligenz –, um ihre Botschaften gezielt an junge Menschen zu vermitteln. So inszeniert sich Rechtsextremismus immer häufiger als kreativ, modern und unangepasst – eine Entwicklung, die erhebliche Herausforderungen für die demokratische Gesellschaft mit sich bringt. So ist die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen bei politisch motivierten Straftaten im Bereich Rechtsextremismus deutlich gestiegen: Laut Lagebericht Rechtsextre-mismus des Ministeriums des Innern hat sich der Anteil der Tatverdächtigen in der Altersgruppe der 14- bis 17-Jährigen auf 287 Jugendliche in 2024 im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifacht.
Vor diesem Hintergrund haben die Landeszentrale für politische Bildung, das Ministerium des Innern und die Volkshochschule Essen am Dienstag, 28. Oktober 2025, in die Volkshochschule Essen zur Fachtagung „Aktuelle Facetten der Erlebniswelt Rechtsextremismus“ eingeladen. Mit Fachleuten wurden aktuelle Entwicklungen, gesellschaftliche Risiken und Gegenstrategien diskutiert. Rund 160 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus Sicherheitsbehörden, Wissenschaft und den Bereichen Rechtsextremismusprävention, Beratung und Bildung, pädagogische Praxis und Jugendmedienschutz nahmen an der Veranstaltung teil.
„Mit seiner menschenverachtenden Ideologie bleibt der Rechtsextremismus die größte Bedrohung für unsere Demokratie. Rechtsextremisten halten sich durch Hass und Hetze am Leben. Wir dürfen dem Rechtsextremismus keinen Raum geben. Der Verfassungsschutz stellt fest, dass die Szene ihr Gesicht modernisiert hat. Doch dabei handelt es sich nur um alte Ideologie in neuem Gewand. Durch eine Strategie der Entgrenzung versuchen Rechtsextremisten, ihre Inhalte salonfähig zu machen. Dazu gehört auch, junge Menschen für ihre Sache zu gewinnen. Sie nutzen gesellschaftliche Polarisierung, besonders in der Migrationsdebatte, um auch für bürgerliche Kreise attraktiv zu werden. Genau das macht den Rechtsextremismus so brandgefährlich. Diesem müssen wir uns mit allem, was wir haben, entgegenstellen.“
Dr. Guido Hitze, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung: „Rechtsextremismus hat heute viele Gesichter und nutzt immer neue Wege, um vor allem junge Menschen zu erreichen. Dem dürfen wir nicht tatenlos zusehen. Wir müssen jedem Versuch, Hass und Menschenfeindlichkeit in ein attraktives Gewand zu kleiden, mit Aufklärung, Prävention und der Stärke unserer demokratischen Werte entschlossen entgegentreten.“
Die Straftaten der politisch motivierten Kriminalität insgesamt sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Im Jahr 2024 wurden 5.641 Straftaten im Bereich Rechtsextremismus erfasst. 2023 registrierte die Polizei insgesamt 3.549 Straften in Nordrhein-Westfalen. In 78 Prozent der Fälle handelte es sich um Propagandadelikte (3.511) und Volksverhetzung (839).
Ziel der Tagung war eine fundierte Bestandsaufnahme der aktuellen Strategien rechtsextremistischer Szenen. Beiträge renommierter Expertinnen und Experten beleuchteten Phänomene wie rechtsextremistische Kampfsport-Netzwerke, Social-Media-Propaganda, rechtsextremistische Musik- und Rap-Projekte, Aktivitäten in der Gaming-Kultur sowie den gezielten Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Darüber hinaus stellten Fachleute erfolgreiche Präventionsansätze gegen rechtsextremistische Einflussversuche vor. Deutlich wurde, dass die Stärkung der demokratischen Bildung junger Menschen und eine enge Vernetzung aller beteiligten Institutionen entscheidend sind, um extremistischer Propaganda wirksam entgegenzutreten.
Mit der breit abgestimmten Zusammenarbeit – von der politischen Bildung über die Jugendhilfe bis zur Inneren Sicherheit – tritt die Landesregierung dem Rechtsextremismus in all seinen Ausprägungen entschieden entgegen.
Weitere Informationen zu der Fachtagung finden Sie hier.