Das bundesweit größte Programm für Chancengerechtigkeit wurde inzwischen von anderen Ländern übernommen
615 Schulen sind schon dabei – und es sollen im nächsten Jahr noch mehr werden. Das NRW-Zentrum für Talentförderung der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen ist mit seinen Angeboten im ganzen Land vertreten und hat sich zum bundesweit größten Programm für mehr Chancengerechtigkeit entwickelt. 110 Talentscouts und 27 Hochschulen sorgen derzeit dafür, dass Schülerinnen und Schüler nach dem Schulabschluss eine Ausbildung oder ein Studium finden, das ihren Fähigkeiten, Neigungen und Talenten am besten entspricht. Das NRW-Zentrum für Talentförderung hat sich weit über Nordrhein-Westfalen hinaus einen Namen gemacht und im vergangenen Jahrzehnt zehntausende junge Menschen bei ihrem Weg von der Schule in Ausbildung und Beruf unterstützt. Am Dienstag, 7. Oktober 2025, feierte das Talentzentrum seinen zehnten Geburtstag mit 500 Gästen in der Heilig-Kreuz-Kirche in Gelsenkirchen.

„Zehntausende Schülerinnen und Schüler haben inzwischen vom Talentscouting profitiert und die Weichen für eine erfolgreiche Bildungsbiographie gestellt. Der große Erfolg des Programms: Jugendliche ohne akademischen Familienhintergrund nehmen häufiger ein Studium auf; Jugendliche aus Akademiker-Familien entscheiden sich häufiger für eine duale Ausbildung. Die Folgen sind weniger Studienabbrüche und höhere Zufriedenheit mit Ausbildung oder Studium. Davon profitieren sowohl die Jugendlichen als auch der Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen, der qualifizierte Fachkräfte braucht. Das NRW-Zentrum für Talentförderung belegt eindrucksvoll, dass eine gute Ausbildung keine Frage des Wohnortes oder der Herkunft ist.“
Schulministerin Dorothee Feller: „Schule und Gesellschaft insgesamt sind aktuell mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Umso wichtiger ist es, dass wir als Schulministerium starke Partner wie das NRW-Zentrum für Talentförderung haben. Dass mittlerweile über 1.000 Schulen in den verschiedenen Förderprogrammen mit dem Zentrum und den angeschlossenen Partnerorganisationen kooperieren, ist ein zentraler Schlüssel zur Verwirklichung von mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit. Das NRW-Talentzentrum ermöglicht eine individuelle Förderung junger Menschen, hilft ihnen bei der gezielten Entwicklung ihrer Fähigkeiten und macht ihnen Mut, eigene Wege zu gehen. Wir sind sehr froh über diese Bereicherung unserer Bildungslandschaft.“
Prof. Dr. Bernd Kriegesmann, Präsident der Westfälischen Hochschule: „Die Ursachen für ungleiche Bildungschancen und die gravierenden Folgen für die alternde Gesellschaft sind hinlänglich bekannt. Erheblicher Nachholbedarf besteht hingegen bei der professionellen Organisation von wirksamen Gegenmaßnahmen. Wir haben uns ganz bewusst dazu entschieden, Talentförderung in einer eigenständigen Organisationseinheit zu verankern, um das volle Potenzial der Programme zu entfalten. Talentförderung kann für Hochschulen zu einem echten Innovationsimpuls werden, der erhebliche Effekte für Chancengerechtigkeit, Teilhabe und erfolgreiche Bildungswege entfaltet.“
Hilke Birnstiel, Leiterin des NRW-Zentrums für Talentförderung: „Die Arbeit des NRW-Zentrums für Talentförderung zeigt: Mehr Chancengerechtigkeit lässt sich in erheblichem Umfang und unter aktiver Beteiligung der Hochschullandschaft systematisch organisieren. Wir freuen uns über das anhaltend große Interesse der jungen Menschen – und ebenso über die zahlreichen Partner, mit denen wir konstruktiv an der Weiterentwicklung von Strukturen und Prozessen arbeiten. Denn es gibt noch viele Talente in unserem Land, für die es sich zu engagieren lohnt.“
Laut einer Langzeitstudie, die das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung seit 2017 durchführt, verhilft das Talentscouting zu einer individuell passgenauen Ausbildungswahl und hat so einen positiven Einfluss auf die Chancengerechtigkeit: Jugendliche ohne akademischen Familienhintergrund nehmen im Talentscouting-Programm häufiger ein Studium auf; Jugendliche aus Akademiker-Familien entscheiden sich im Talentscouting-Programm häufiger für eine duale Ausbildung. Beide Effekte verringern – zusammengenommen – die Chancenungleichheit beim Hochschulzugang um über 70 Prozent. Zudem bricht das Talentscouting die geschlechtstypische Berufswahl auf. Der Anteil der Studierenden in einem geschlechtsuntypischen Studiengang verdoppelt sich im Talentscouting-Programm. So nehmen junge Frauen häufiger ein MINT-Studium und junge Männer häufiger ein Lehramtsstudium auf.
Das NRW-Zentrum für Talentförderung der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen hat sich seit der Gründung vor zehn Jahren zur zentralen Plattform für Talentförderung in Nordrhein-Westfalen entwickelt. Neben dem landesweiten Ausbau des Talentscoutings werden hier weitere innovative Formate umgesetzt, etwa das Schülerstipendienprogramm NRWTalente oder die TalentKollegs Ruhr. Mit NRWTalente werden besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler aller Schulformen ab der 8. Klasse mit praktischen Angeboten, regelmäßiger Beratung und Unterstützung sowie individueller Talentförderung begleitet. In den TalentKollegs werden talentierte junge Menschen ab Ende der Sekundarstufe I am Übergang von der Schule in Berufsausbildung und Studium unterstützt und in Kleingruppen auf ihre nächsten Schritte fachlich vorbereitet.
Zudem bietet das NRW-Zentrum für Talentförderung Qualifizierungsangebote für Lehrkräfte oder Schulsozialarbeitende an, die sich für die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Das Talentzentrum wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft sowie vom Ministerium für Schule und Bildung getragen.
Heute begleiten rund 110 Talentscouts an über 600 Schulen kontinuierlich 30.000 Schülerinnen und Schüler – und machen das Talentscouting zu einem der bundesweit größten Programme für mehr Chancengerechtigkeit. Die Scouts helfen dabei, individuelle Stärken zu erkennen, Perspektiven zu entwickeln und Bildungswege unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder familiärem Hintergrund zu eröffnen. Die Talentscouts, die im NRW-Zentrum für Talentförderung eine berufsbegleitende zertifizierte Weiterbildung absolviert haben, sind mittlerweile an 27 Hochschulen angesiedelt – damit sind alle Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Nordrhein-Westfalen in das Programm eingebunden. Auch bundesweit findet das Programm Beachtung: Beispielsweise nahmen an den Qualifizierungsangeboten zuletzt auch Talentscouts aus Hessen und Berlin teil. Eine weitere Ausweitung des Talentscouting ist für 2026 vorgesehen. Die Anzahl der Kooperationsschulen soll dadurch von 615 auf 688 steigen.
Die Talentscouts kooperieren zudem erfolgreich mit der Studienstiftung des deutschen Volkes. Sie können besonders engagierte Jugendliche für ein Studienstipendium vorschlagen. Dies hat die Stipendiatenquote in Nordrhein-Westfalen im Ländervergleich in die Spitzengruppe gebracht.